New Morning - Changing Weather

Kommunique No. 7


Dies ist eine Mitteilung an unsere Freunde. Wir haben sie an die Stadt- und Collegezeitungen geschickt, denen wir uns am meisten verbunden fühlen. Für die Verbreitung brauchen wir eure Hilfe. In der letzten Zeit gab es einige Kommuniques, die angeblich vom Weather Underground stammten. Früher dachten wir, daß es nichts macht, wenn Leute falsche Kommuniques verbreiten, weil das den Feind verwirren würde. Jetzt scheint es aber eher so, daß das keine gute Taktik ist. Es schränkt unsere Fähigkeit ein, klar zu sagen, wer wir sind und was wir tun, es macht es für uns schwieriger, uns mit den Leuten auseinanderzusetzen, mit denen wir Differenzen auszutragen haben.

Diese Mitteilung begleitet keinen Bombenanschlag und keine bestimmte Aktion. Wir wollen uns heute innerhalb der Massenbewegung äußern, nicht etwa als militärische Führer, sondern gewissermaßen als Mitberatende bei einer Stammesversammlung. Seit der Explosion im Village sind neun Monate vergangen. Während dieser Zeit hat sich die Perspektive unserer Revolution grundlegend verändert. Eine wachsende, illegale Organisation junger Frauen und Männer kann innerhalb von Babylon leben, kämpfen und lieben. Das FBI kriegt uns nicht. Aber die Explosion im Village hat unseren Glauben zerstört, nur der bewaffnete Kampf sei wirklich revolutionär.

Es ist Zeit für die Bewegung, auf die Straße zu gehen, zu organisieren, die Bewegung muß es wagen, zu Demonstrationen und Kundgebungen gegen den Krieg aufzurufen, muß sich davon überzeugen, daß Massenaktionen gegen den Krieg und solidarische Aktionen tatsächlich eine Wirkung haben. Nur dadurch, daß wir offen handeln, Nixon, Agnew & Mitchell angreifen und isolieren, unser Wissen mit jungen Schwestern und Brüdern teilen, nur so können die Furcht der Studenten von Kent State, das Heroin der Lower East Side und das allgemeine Schweigen nach der Bombardierung Nordvietnams gebrochen werden.

Der Tod unserer drei Freunde bedeutet das Ende der militärischen Konzeption über das, was wir tun. Wir haben einige Wochen lang ausführlich miteinander geredet, um neuen Boden unter die Füße zu bekommen und um uns daran zu erinnern, daß der Glaube an die Möglichkeit der Revolution in uns dadurch aufkam, daß wir die Schulen, die Jobs und die erstarrten Beziehungen zu denen wir »erzogen« worden sind, abgelehnt haben. Wir haben uns daran zurückerinnert, wie wir angefangen haben, in Gruppen zu leben und wie wir bemerkten, daß diese Revolution die Unterdrückung der Frauen unberührt lassen würde, wenn Frauen nicht anfingen, gemeinsam zu kämpfen. Und Marihuana und LSD und wenig Geld und das Gewahrwerden der schwarzen Revolution und der Völker der Welt. Uns selbst entprogrammieren, die amerikanische Geschichte neu lernen. Die erste Demonstration, bei der wir mitliefen; das erste Mal, als wir versuchten, unsere Freunde zu überzeugen. In dieser Zeit des Nachdenkens nach der Explosion im Village haben wir gemerkt, daß wir gegenseitig unsere Vergangenheit kaum kannten, wenig über unsere Fähigkeiten, unsere Interessen oder unsere Unterschiede. Wir hatten zusammengefunden in der Militanz junger Weißer, die entschlossen waren, den Rassismus und die amerikanische Ausbeutung der Dritten Welt zu bekämpfen. Da wir uns einig waren, daß ein Untergrund aufgebaut werden müsse, waren wir in der Lage, als gesamte Organisation innerhalb von Stunden nach der Explosion zu verschwinden. Aber es war klar, daß an unserer Konzeption mehr falsch gewesen war als nur technische Unerfahrenheit. (Man sollte immer einen Sicherheitsschalter einbauen, und eine Kontroll-Lampe, die Kurzschlüsse anzeigt.)

Diana, Teddy und Terry waren jahrelang im Students for a Democratic Society (SDS). Diana und Teddy waren Lehrer und hatten beide einige Wochen mit Vietnamesen auf Cuba verbracht. Terry hatte Stadtteilarbeit in Cleveland gemacht und in Kent State organisiert; Diana hatte in Guatemala gearbeitet. Alle drei kämpften sie mit bei den Days of Rage in Chicago. Wir waren alle erbittert über den Mord an Fred Hampton. Weil ihr Kollektiv den bewaffneten Kampf als die einzige legitime Form revolutionären Handelns zu definieren begann, schien es ihnen so, als ob es keinerlei revolutionäre Bewegung unter der weißen Jugend gäbe. Es sah so aus, als ob die Schwarzen und Dritte Welt-Völker die Einzigen wären, die gegen den amerikanischen Imperialismus angingen.

Zwei Wochen vor der Explosion im Village hatten vier Mitglieder dieser Gruppe einen Brandbombenanschlag auf das Haus des Richters Murtagh in New York verübt. Das war eine Solidaritätsaktion für die Panther 21, deren Prozeß gerade begann. Viele Leute fanden das eine gute Aktion. Innerhalb der Gruppe kam jedoch das Gefühl auf, daß die Aktion nicht sehr wichtig gewesen sei, weil sie nichts dazu beigetragen hatte, die Bullen wirklich materiell zu schädigen. Im Verlauf von vierzehn Tagen ging diese Gruppe also von Brandbomben zu Bomben über. Viele Leute im Kollektiv wollten bei der ausgedehnten und fast ziellosen Bombenoffensive, die geplant war, nicht mitmachen. Aber sie setzten sich Tag und Nacht miteinander auseinander, bis sich schließlich jeder bereit erklärte, seinen Teil zu übernehmen.

Es kam endlich so weit, daß sie dachten und handelten, als seien nur die, die ums Leben kommen, erwiesene Revolutionäre. Viele hatten sich zu etwas überreden lassen, das sie innerlich nicht bejahten und viele hatten nächtelang nicht geschlafen. Die persönlichen Beziehungen waren voll von Schuldgefühlen und Angst. Die Gruppe hatte soviel Zeit darauf verwendet, den Willen zur Tat zu erzwingen, daß sie sich nicht um elementare technische Sicherheitsmaßnahmen kümmerte; sie hatte die Zukunft außer Acht gelassen; sie hatte nicht überlegt, was mit den Bomben geschehen sollte, falls sie am vorgesehenen Ziel nicht gezündet werden könnten, sie hatte auch nicht bedacht, was in den folgenden Tagen zu tun sei. Diese Tendenz, nur Bombenanschläge oder den Griff zum Gewehr als revolutionär anzusehen und eine Aktion umso mehr zu verherrlichen, je militanter sie ist, nennen wir den militärischen Fehler.

Nach der Explosion bliesen wir alle bewaffneten Aktionen bis zu demjenigen Zeitpunkt ab, an dem wir sicher wären, die Ursachen verstanden und entsprechend gehandelt zu haben. Wir fanden heraus, daß es unter uns schon eine andere Richtung gab, die sich in einigen Kollektiven entwickelt hatte. Uns wurde auch klar, daß eine Gruppe, die klandestin agiert und von der Jugendkultur isoliert ist, den Sinn dafür verliert, was läuft, nicht mehr imstande ist, Strategien zu entwickeln, die eine große Zahl von Leuten einbeziehen, und in ein Freund/Feind-Denken verfällt. Es war eine Frage revolutionärer Kultur. Entweder man betrachtet die Jugendkultur, die in den letzten Jahren entstanden war als bürgerlich und dekadent und deshalb als Feind der Revolution, oder man sieht in ihr die Kräfte, die uns hervorgebracht haben, eine Kultur, der wir angehören, eine junge, noch ungeformte neue Gesellschaft.

In den vergangenen Monaten wurde uns mit überwältigender Klarheit bewußt, welche Möglichkeiten uns allen offenstehen, die Bewegung so weiterzuentwickeln, daß wir als Revolutionäre die Kulturrevolution verändern und beeinflussen. Wir sind in der Lage, ihr eine Wendung zum Besseren zu geben. Männer die Chauvinisten sind, können sich ändern und Revolutionäre werden, die mit der zwischen Männern und Frauen stehenden Kultur gebrochen haben. Hippies und Studenten, die Black Power fürchten, sollten sich mit den Schriften von Rap Brown und George Jackson befassen. Wir sollten weiter daran arbeiten, Versuche, sich unsere Kultur zunutze zu machen, umzufunktionieren und zu unterwandern. Leute werden in den Schulen, in der Armee, in den Gefängnissen, in Kommunen und auf der Straße zu Revolutionären. Nicht in einer Zelle im Untergrund.

Weil wir auf der Flucht waren, mußten wir uns von der Bewegung fernhalten. Das erwies sich als ein Segen, auf diese Art sind wir so ziemlich überall sonst hingekommen. Mit unseren neuen Identitäten suchten wir zu so vielen Menschen wie möglich Kontakt, wir haben uns die TV-Nachrichten über unsere Anschläge mit Nachbarn und Freunden angeschaut, die nicht wissen, daß wir Weatherleute sind. Wir haben oft Angst, aber wir akzeptieren unsere Angst jetzt und versuchen nicht so zu tun, als berühre sie uns nicht. Was uns früher als eine völlig irre Selbstdisziplin erschienen wäre, kommt uns heute vor wie ein Yoga der Wachsamkeit, eine gesteigerte Wahrnehmungsfähigkeit für Aktivitäten und Schwingungen um uns her - fast ein neues Paar Augen und Ohren.

Wenn wir auch bis jetzt nicht viel über uns verlauten ließen, haben unserer Aktionen doch viel darüber gesagt, wo unser Kopf ist. Wir sind nicht mehr auf großen materiellen Schaden aus. Die meisten unserer Aktionen trafen den Feind militärisch etwa so wie ein Bienenstich. Aber die politische Wirkung war für den Feind verheerend. Die Welt weiß heute, daß sogar die weiße Jugend in Babylon selbst zur Gewalt greift, um den Imperialismus zu stürzen.

Unsere Angriffe auf das Gericht von Marin County und das Stadtgefängnis auf Long Island wurden durchgeführt, weil wir dachten, der Widerstand und die politische Führung, die sich in den Gefängnissen entwickeln, brauchten die sofortige und massenhaft Unterstützung von jungen Leuten. Für alle George Jacksons, Afeni Shakurs und alle potentiellen Revolutionäre in den Gefängnissen ist die Bewegung eine Rettungsleine. Sie rebellieren in der Erwartung massiver Unterstützung von außen. Demonstrationen in Solidarität mit Gefängnisrevolten sind eine wichtige Aufgabe der Bewegung, aber irgend jemand muß sie organisieren, Flugblätter drucken, die Leute überzeugen, daß die Sache wichtig ist. Wir sind so sehr an das Gefühl der Machtlosigkeit gewöhnt, daß wir der feindlichen Propaganda über den Tod der Bewegung glauben, oder den Geschichten, daß Kundgebungen sich überlebt haben und nichts sind. Als vor einem Jahr Bobby Seale in Chicago vor Gericht gefesselt und der Mund verklebt wurde und die Bewegung darauf kaum reagierte, machte sie es den Bullen so leichter, Fred Hampton zu ermorden. Gerade sind zwei Puerto Ricaner zur Vergeltung für die Gefangenenrebellion von Bullen in den New Yorker Gefängnissen umgebracht worden. Was wir tun oder unterlassen, macht sehr wohl einen Unterschied.

Um diese Organisationsarbeit zu leisten, braucht es Mut und eng zusammenhaltende Gruppen. Zweier- oder Dreiergruppen bringen als Organisationsform nichts - sie können keine Zeitung herausbringen, keine Konferenz über den Krieg organisieren oder eine bewaffnete Aktion durchführen, ohne gefaßt zu werden. Unsere Macht besteht darin, daß wir zusammen mobil, dezentralisiert und flexibel sind und daß wir in jedes Haus kommen, wo Kinder sind, die die neue Tonart von Freiheit und Leben aufnehmen.

Die Männer und Frauen in den Gefängnissen sind Kriegsgefangene der Vereinigten Staaten. Wenn ein amerikanischer Pilot bei der Bombardierung der nordvietnamesischen Dörfer abgeschossen wird, umringen ihn oft Tausende, die gerade erst ihre Familie verloren haben, oder Zeuge der Zerstörung ihrer Häuser wurden durch die Bomben, die er abwarf. Trotzdem wird der Mann von den Vietnamesen nicht attackiert und umgebracht, sondern als Gefangener versorgt. Nixon führt jetzt einen moralischen Kreuzzug, wegen der Behandlung dieser amerikanischen Kriegsverbrecher, um all seine Greueltaten zu legitimieren.

Die Demonstrationen und Streiks nach dem Einfall in Indochina und nach den Morden in Jackson und Kent State vorigen Mai zeigten wirkliche Macht und sie machten etwas aus. Neue Leute wurden erreicht und einbezogen und die Regierung wurde in die Defensive gedrängt. In diesem Moment hätten unsere Anschläge Aktionen auslösen können, die von unserer Wut auf den doppelzüngigen Pentagonchef Laird und seine Bande zeugen - die Kriegsforschung und die Universitätsverwaltungen und die herumreisenden Politiker sind innerhalb der Reichweite unserer Flugblätter, unserer Demonstrationen, unserer Steine. Die Frauenbefreiungsgruppen können in Nguyen Thi Binh eine Schwester sehen, der hier Liebe und Unterstützung zuteil wird. Ihre Friedensvorschläge müssen erklärt werden und Bloody Dick (Nixons) Pläne, mehr Bomber einzusetzen (um die GIs aufzuwiegen, die sich weigern zu kämpfen), sollten gebrandmarkt werden, als das, was sie sind, nämlich Eskalation und Völkermord. Vietnamisierung, Indianisierung, beschränkte Einsatzdauer, Selbstschutzreaktion - wie immer der Dreck heißt. Manchmal scheinen wir zu vergessen, daß in Vietnam starke befreite Frauen und Männer leben und kämpfen. Nicht als abstrakte Guerilla, die mit dem US-Imperialismus in Südostasien ihre Sache auskämpfen, sondern als Menschen mit Idealen und Gefühlen und Eltern und Kindern und Hoffnungen für die Zukunft.

Leute wie Thai, der in der Volksoffensive kämpft und während der Tet-Offensive in Hue und ein Jahr später am Hamburger Hill war, oder Than Tra, eine Führerin in der Massenorganisation der Frauen und der Studentenbewegung in den Städten, die ihren Liebsten seit neun Jahren nicht gesehen hatte. Sie reisten einen Monat, um nach Cuba zu kommen und sich mit uns zu treffen, zu singen, zu tanzen und um uns zu erklären, wie es in Vietnam zugeht. In ihren Händen wirken Gewehre und Bomben nicht brutal, oder in einer miesen Weise männlich. Uns drängt sich der Gedanke auf, daß sich die Antikriegsbewegung niemals die Reisen von Nixon & Agnew durch so viele Städte zugelassen hätte, wenn mehr Leute von Thai und Than Tra wüßten, daß dann nicht nur die Freaks an der Universität von Kansas und die Leute von San Jose ihren Zorn auf den regierenden Rassismus vor aller Welt hätten laut werden lassen. Während der letzten Monate haben die Freaks und die Hippies und viele Leute in der Bewegung angefangen, sich für einen langen Winter einzugraben. Kent und Augusta und Jackson verhalfen uns zur Mündigkeit und einem ernsten Wissen davon, wie schwer es sein wird, in Amerika zu kämpfen und wie lange wir brauchen werden zu siegen. Wir alle fangen an zu begreifen, was die Cubaner meinten, als sie davon sprachen, daß wir neue Menschen brauchen.

Die Leute haben angefangen, mit allen Aspekten ihres Lebens zu experimentieren, in einem heftigen Kampf gegen die Lebensform des weißen Mannes. Sie haben gelernt, zusammen in den vergifteten Städten zu überleben und sie haben gelernt, auf der Straße und auf dem Land zu leben. Sie sind aufs Land gezogen und haben neue Wege gefunden, freie wilde Kinder aufzuziehen. Sie haben sich mit organischer Ernährung entgiftet, für die sexuelle Befreiung gekämpft und sich die Haare wachsen lassen. Sie fangen an, einander näher zu kommen und sie haben gelernt, daß Marihuana und organische, bewußtseinserweiternde Drogen Waffen der Revolution sind. Nicht unbedingt für jeden, keine Mutprobe, sondern ein Werkzeug - ein Yaqui-Weg zur Erkenntnis. Aber während wir das Lob der Rauschmittel singen, weiß der Feind, wie stark unsere Jugendkultur seine Herrschaft bedroht, und er setzt seine Verbündeten ein, die tödlichen Rauschgifte (Heroin und Speed), um die Jugend zu befrieden und umzubringen. Eine Revolution kann ohne die Jugend nicht gelingen. Die Leute schließen sich zu neuen Familien zusammen. Von Seattle bis Atlanta, von Buffalo bis Vermont sind Kollektive entstanden, Einheiten von Leuten, die einander vertrauen, die beides machen, miteinander leben und miteinander organisieren und kämpfen. Die Revolution schließt unser ganzes Leben ein, wir sind keine Halbtagssoldaten oder Geheimrevolutionäre. Unser enger Zusammenhalt und die Integration unseres Privatlebens in unsere revolutionäre Arbeit wird es den Polizeispitzeln schwer machen, unsere Kollektive zu infiltrieren. Es ist für die Bullen verhältnismäßig einfach, sich in verschiedene Treffen, sogar Zusammenhänge einer Geheimzelle einzuschleichen. Es ist viel schwieriger in einer Familie zu leben, ohne entdeckt zu werden. Eins der wichtigen Dinge, die sich geändert haben, seit die Leute in Kollektiven arbeiten, ist die Auffassung von Führerschaft. Viele von uns - und besonders die Frauengruppen - wollen keinen akademischen Ideologen oder autoritären Führern folgen. Aus den Reden von Fidel und den Gedichten von Ho haben wir verstehen gelernt, wie Führer aus ihrer tiefen Verbindung mit Bewegungen hervorgehen. Von Crazy Horse und anderen großen Indianerhäuptlingen lernten wir, daß man denen, die den Stamm und seine Bedürfnisse achten, freiwillig und mit Liebe folgt. Die Lakotas lachten, als die Weißen einen einzigen Mann als Oberhäuptling über alle Lakotastämme einsetzten - als ob nicht die Stämme nach wie vor denjenigen folgten, die ihrer Meinung nach das Richtige taten.

Viele dieser Veränderungen sind von Frauen durchgesetzt worden, von Frauen in gemischten Kollektiven und von Frauenkollektiven. Die ungeheure Energie von Schwestern, die zusammen arbeiten, hat die Bewegung im Inneren verändert, und wenn sie sich nach außen wendet, ist sie eine Kraft, die Amerika verwirrt und erschreckt. Auf die Frage nach der Aufrichtigkeit von Madame Binhs Vorschlägen sagte Ky: »Traue nie einer Frau in der Politik!« Die Bullen weigern sich zu glauben, daß Frauen eine Erklärung abfassen können, in der Lage sind, einen komplizierten Sprengkörper herzustellen oder in den Straßen kämpfen können. Und jetzt, wo wir die potentielle Stärke von Frauen auf der Straße erlebt haben, ist es an den revolutionären Frauen, die Führung zu übernehmen und zu militanten Demonstrationen aufzurufen, junge Frauen zu organisieren, die Vietkongfahne mitzuführen, und es für Nixon und Ky schwierig zu machen, im Land herumzureisen und ihre Sprüche über die Kriegsgefangenen zu machen, während gleichzeitig Hunderte von Frauen in den Gefängnissen des Thieu-Regimes gefoltert werden.

Es ist unsere Aufgabe, den amerikanischen Frauen von Madame Binh in Paris zu erzählen, von Pham Thi Quyen, der Frau von Nguyen Van Troi, die in Saigon im Untergrund kämpfte, von Madame Nguyen Thi Dinh, die den ersten Aufstand einer Einheit der südvietnamesischen Volksbefreiungsarmee anführte, von Celia Sanchez und Haydee Santamaria, die bei Moncada und in Havanna im Untergrund kämpften, von Bernadette Devlin und Leila Khaled und Lolita Lebrun; und von Joan Bird und Afeni Shakur und Mary Moylan hier.

Wir können ebensowenig darauf warten, Leute zu organisieren, bis wir selbst unser Zeug beieinander haben, wie wir ohne das handeln können. Beides muß Hand in Hand gehen. Die Veränderungen, die die Leute durchmachen sind keine Regeln und Prinzipien. Wir sind in vielen verschiedenen Gegenden des Landes und bauen unterschiedliche Führerschaffen und Organisationen auf. Es geht nicht darum, in einer einzigen Organisation zusammengefaßt zu werden, mit Statuten, Fraktionen und Koalitionen. Aus den Kämpfen der nächsten Jahre wird eine neue Nation erwachsen.

Bernadine Dohrn, Weather Underground

Rat, Dezember 1970 (Übersetzung: Dita Stafski)

Aus Woher der Wind weht, Seite 174-181