Antikriegsstatement der Hanfparade 1999

Diese Presseerklärung des Bündnis Hanfparade 1999 hat dem damaligen Vorstand viel Kritik aus der Hanfszene, vor allem dem kommerziellen Bereich, eingebracht. Gerade deswegen kramen wir sie nochmal hervor und präsentieren sie hier gesondert. Wer meint nur die Legalisierung von Hanf alleine macht eine bessere Welt, der irrt. Die Hanfparade bot 1997/98 Parteien eine Bühne, auf der große Versprechungen gemacht wurden und die schon 1999 nicht mehr galten. Statt blühender Landschaften gab es rot-grüne Angriffskriege. Einige Haschrebellen der Hanfparade waren dann auch bei der Eröffnung eines Gegeninformationsbüros dabei.

Presse-Erklärung zur Situation auf dem Balkan

Bei der Bundestagswahl im letzten Herbst haben viele HanfsympathiesantInnen Bündnis90/Die Grünen in der Hoffnung gewählt, auf demokratischem Wege die Gesellschaft zu verändern. Nun führen ein "grüner" Außenminister und ein "rosaroter" Kanzler Deutschland in einen Angriffskrieg.

Wie konnte es soweit kommen?

  1. Durch den Bruch der Verfassung (GG) der Bundesrepublik Deutschland.
    (Führung eines Angriffskrieges)
  2. Durch den Bruch des Völkerrechts.
    (Militärische Aggression ohne UN-Mandat und gegen das Veto der GUS)
  3. Durch die Beeinflussung der Medien
    (erst psychologische Kriegsvorbereitung, inzwischen Kriegsfürsprache)

Jeder pazifistisch denkende Mensch, der den Grünen Ursprungsidealen glaubte, muß sich nun eingestehen: "Ich habe den Krieg gewählt!" Doch was nun?

Eine nur oberflächliche Einsicht in die Ausmaße der Bombardierungen und die Auswahl der Ziele zeigt, daß die Absicht der NATO nicht das Beenden des Leids oder der Versuch ist, eine humanitäre Katastrophe zu verhindern, sondern die totale Vernichtung aller geistigen, ökonomischen und elementaren ökologischen Existenzgrundlagen nicht nur des serbischen Volkes, sondern auch aller anderen nationalen Gemeinschaften, die in Jugoslawien leben.

US-Präsident Clinton bestätigte unlängst ein "besonderes Interesse" am Balkan, womit begründet wurde, warum die USA/NATO nicht bei anderen Verletzungen von Menschenrechten eingreife.

Wir fühlen uns ohnmächtig und den Kriegsmächten ausgeliefert und können nur beständig - und nach unseren Möglichkeiten - vor den weitreichenden, fatalen Konsequenzen warnen und immer wieder schreien:

Krieg ist kein Strategiespiel
(für "Mächtige")!

Krieg ist keine Erziehungsmaßnahme
(für "unartige" Staatschefs)!

Krieg ist kein Mittel, um Konflikte zu lösen!

Krieg ist niemals eine "humanitäre Maßnahme"!

Wir appellieren an alle friedliebenden Menschen, Ihre Stimme gegen den Krieg zu erheben! Sonst heißt es hinterher wieder: Das haben wir ja gar nicht gewußt...

offener Brief an Christian Ströbele, 12.05.99

Sehr geehrter Herr Ströbele,

sicherlich werden Sie sich noch (gerne) an Ihre Reden auf den beiden bisherigen HANFPARADEN erinnern. Und sicherlich werden Sie sich auch an die ursprünglichen Grundsatzpositionen der Partei Bündnis 90 / Die Grünen, die noch im Wahlkampf '98 vertreten und womit um die Wählergunst geworben wurde, erinnern.

Sie und IHRE Wahlversprechen zum Thema Legalisierung waren der wichtigste Hoffnungsschimmer für die Hanfbewegung und der Grund für das Bündnis HANFPARADE e.V. im Rahmen beider HANFPARADEN massiv Werbung für Ihre Partei zu machen.

don't kriminalize it!Leider ist die Hanfbewegung anscheinend, wie so viele andere auch, im Falle Ihrer Partei auf skrupellose Wahlversprechen hereingefallen. Trotz z.B. einer Wahlempfehlung gegenüber ca. 60.000 Teilnehmern der HP'98 in Berlin und der gesamten Hanfbewegung für Bündnis 90 / Die Grünen werden wir nun mit eher "Olivgrüner" Regierungsbeteiligung weiterhin verfolgt und kriminalisiert.

Leider scheint sich die Grüne Partei, in der Frage einer (versprochenen) Legalisierung der Hanfpflanze nicht durchsetzen zu können (und nach den Ereignissen der letzten Monate ist zweifelhaft, ob jemals ernsthaft ein dahingehender politischer Wille vorhanden war). Auch in allen anderen traditionell Grünen Themen (AKW-Ausstieg, Ökosteuer, Staatsbürgerschaftsrecht, ...) ist die Grüne Parteispitze gegenüber dem "übermächtigen" Koalitionspartner eingeknickt. Nach dem "Wahlerfolg" des letzten Herbstes wurde eine regelrechte Kehrtwendung vollzogen. Bis hin zur Beteiligung an dem NATO Angriffskrieg gegen einen souveränen Staat, SR Jugoslawien, was, wie Ihnen als Jurist ebenfalls bekannt sein sollte, sowohl das Grundgesetz, als auch das Völkerrecht, um nur die wichtigsten beiden zu nennen, bricht.

Wir gehen davon aus, daß der "linke, fortschrittliche" Flügel der Grünen, zu dem Sie sich ja auch zählen, genau wie die Wähler der Grünen von der Parteiführung getäuscht wurde und sich bis zum (vorgezogenen) Parteitag eine starke Innerparteiische Opposition gebildet hat, die

  1. die eingeschlagene kriegerische Regierungspolitik unter keinen Umständen weiter mitträgt.
  2. die Grüne Partei wieder zu ursprünglichen Prinzipien zurückführt (Atomausstieg, Pazifismus, Ökologie - und in unserem speziellen Fall die Legalisierung der Hanfpflanze sowie eine verantwortungsvolle Drogenpolitik).
  3. die im Zuge des letzten Wahlkampfes gemachten Wahlversprechen in der Regierung konsequent umsetzt oder, falls dies nicht möglich, aus der Regierungsverantwortung aussteigt und dann den von ihren Wählern und Wählerinnen erhaltenen Auftrag in der Opposition versucht umzusetzen

Aus den oben genannten Gründen ist es vielleicht für Sie verständlich, daß wir die Entwicklung innerhalb der Grünen Partei (-Führung) nicht nur genauer, sondern auch um ein vielfaches kritischer beobachten und äußerst sensibel auf Nachrichten, wie die im Titel erwähnte DPA-Meldung reagieren.

Wir sehen die Gefahr, daß Sie und andere (in der "Szene" als Vertreter des linken Flügel der Grünen Partei bekannte) Parteimitglieder als Alibi-Linke mißbraucht werden, um weiterhin den Anschein auf Meinungsvielfalt und "linke Position" innerhalb der Grünen Partei und einer Rot/Grünen Regierung zu verbreiten.

Wir sehen die Gefahr, daß sich selbst sogenannten linken Kräften nicht auf ehemals vertretene Ideale besinnen, sondern auch Macht und errungene Pfründe verteidigen.

Wir sehen die Gefahr, daß es auf dem kommenden Sonderparteitag -auch mit Ihrer Hilfe- einen Kompromiß geben wird, der weder an der Fortführung der NATO-Angriffe auf Jugoslawien, noch an deren fatalen ökologischen Auswirkungen etwas ändern wird.

Wir erwarten im Falle eines solchen Kompromisses Ihren konsequenten Austritt aus dieser dann endgültig enttarnten Kriegs- und Kapitalpartei.

Die Schäden, die der Grüne Parteivorstand und die Grünen Regierungsmitglieder mit ihrer, die Regierungsbeteiligung unter ALLEN Umständen halten wollenden Politik, für die eigene Partei, unser Land und evt. der gesamten Erde angerichtet haben, werden sich mit Sicherheit an den nächsten Wahlergebnissen für die Grüne Partei hier in Berlin in diesem Jahr (kurz nach der diesjährigen HANFPARADE) ablesen lassen (sollte diese nicht aufgrund des III. Weltkrieges abgesagt werden müssen).

Eine blauäugige Wahlempfehlung zu Gunsten der Grünen wird es 1999 vom Bündnis HANFPARADE e.V. auf gar keinen Fall geben.

Wir erwarten von dem Sonderparteitag der Partei "Bündnis 90 / Die Grünen" am 13.Mai 1999 in Bielefeld folgendes:

  1. Die Verurteilung der Gewalt auf dem Balkan und die Forderung nach Rückkehr zu (längst nicht ausgeschöpften) diplomatischen Mitteln der Konfliktlösung.
  2. Einen Beschluß zum sofortigen Stop der NATO-Luftangriffe - auch auf Kosten der Koalition - und einen eindeutigen Auftrag an die Regierungsmitglieder der Grünen Partei mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, auf den sofortigen Stop der Luftangriffe der NATO hinzuwirken. Falls der sofortige Stop nicht durchgesetzt werden kann, müssen alle deutschen Soldaten aus der Kriesenregion Balkan zurückgezogen werden.
  3. Die Einsetzung eines Parteiinternen Ausschlußverfahrens für die Grünen Mitglieder der Regierung, welche sich weigern, einen diesbezüglichen Beschluß des Parteitages umzusetzen.
  4. Einen eindeutigen Beschluß zur Rückkehr zu "Grünen Essentials" (Pazifismus, Ökologie, Atomausstieg) und konsequente Umsetzung der im Zuge der Bundestagswahlen abgegebenen Wahlversprechen - notfalls auch mit dem Risiko des Verlustes der Regierungsbeteiligung.

Desweiteren wäre es (zur Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit der Grünen Partei) aus unserer Sicht wichtig, daß auf dem anstehenden Parteitag einen Weg gefunden wird Mandatsträger und Funktionäre der Grünen Partei an die Beschlüsse der Parteitage und der Basis zu binden.

Wir erwarten von Ihnen persönlich (sollte sich keine Mehrheit für oben genannte Forderungen finden):

  1. Sofortigen (noch auf dem Parteitag) Austritt aus der Partei Bündnis 90 / Die Grünen
  2. und Nutzung des Ihnen von Ihren Wählern und Wählerinnen gegebenen Mandates für eine "Grünen"- unabhängige Oppositionspolitik.

Vorstand Bündnis HANFPARADE e.V.

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